Die Geschichte von Lückert

Du hast keine Ahnung, dass der Name unseres schönen Dörfchens auf den alten „Peter van Lucken“ zurück geht? Und Du  kennst auch nicht das erste Pfingstfest-Foto? Du bist da ja schließlich nicht bei gewesen? Schwache Ausrede! Setzen! Sechs! Zur Strafe das hier bis morgen auswendig lernen, aber zackig!

Zahlen und Fakten:

1487 Siedlungsname „Luckenrode“, erwähnt in: „Die Auftragung der Stadt und des Amtes (Landes) Blankenberg … Oyckenr(ode): (Uckerath) …(137/ – ) peter van luckenr(ode)“.

1. Urkundlicher Eintrag Lückert

Die Endungen „rode“, „rath“ usw. bezeichnen in der Regel eine Waldrodung, um einem Hof oder einer Siedlung Platz zu schaffen. Luckenrode ist demnach die Rodung, die durch Peter van Lucken oder dessen Vorfahren durchgeführt wurde. Lückert gehört damals aus Verwaltungssicht zum Kirchspiel Uckerath im Amtsbezirk Blankenberg des „Herzogtum Berg“ innerhalb des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation“.

Herzogtum Berg im 15. Jahrhundert
1537 Siedlungsname „Luckenroth“
1565 Verpetzt die Ketzer:
Als erste Auswirkungen der Reformation wurden die Lückerter und alle Untertanen durch den Herzog aufgerufen, Pastoren und Untertanen zu verpetzen, die sich für kirchliche Neuerungen einsetzen oder durch sektiererisches Wirken auffallen.
1583 Zeitumstellung in Lückert:
Durch herzoglichen Befehl wird der gregorianische Kalender im Herzogtum Berg eingeführt. Er übersprang 10 Tage (4.-15. Okt.). Das Weihnachtsfest wurde in Lückert zehn Tage früher als im benachbarten homburgischen Waldbröl gefeiert.
1585-1597 „Kleine Eiszeit“ in Lückert:
In diesen Jahren gab es in Lückert und ganz Mitteleuropa „keinen einzigen Sommer“.
um 1600 Der Pfarrer  heiratet:
Im Zuge der Reformation wechselten die Lückerter mit der Kirchengemeinde Uckerath unter dem damaligen Pfarrer Krupp zum reformierten Glauben über. Nachdem der seine Haushälterin geheiratet hatte, wechselte er mit der Gemeinde jedoch wenige Jahre später wieder zum katholischen Glauben zurück. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt 😉
Im Herzogtum Berg, zu dem Lückert gehörte, waren alle Glaubensrichtungen vertreten, standen sich aber nicht immer wohlgesonnen gegenüber. Zu Beginn des Jahres 1609 standen von 132 Kirchen 88 den Katholiken, 16 den Lutherischen, 11 den Reformierten zur Verfügung, während in 13 Kirchen gemischt katholisch-lutherischer und in 4 gemischt lutherisch-reformierter Gottesdienst stattfand.
Nach dem Tode von Pfarrer Krupp um 1617 herrschten kriegsähnliche Zustände.
1618 Beginn des Dreißigjährigen Krieges (bis 1648) um die religiöse Vorherrschaft in Europa, in dessen Folge durch Feldzüge, Schlachten, marodierende Söldner, Hungersnöte und Seuchen ganze Landstriche entvölkert und verwüstet wurden.

Hans Ulrich Franck: Der geharnischte Reiter. Kampfszene aus dem Dreißigjährigen Krieg.
1620 Die Holländer fielen (damals vermutlich noch ohne Wohnwagen) in das Herzogtum Berg ein und erstürmen die Amtsstadt Blankenberg, zu der Uckerath und Lückert damals gehörten. Drei Jahre später ergaben sich dann die holländischen Besatzer.
um 1623 Tod eines Wanderpredigers:
Die Lückerter wurden Augenzeugen, als beim „Uckerather Kanzelmord“ ein Bödinger Mönch, der sich zum Gottesdienst verspätet hatte, einen protestantischen Wanderprediger aus Altenkirchen von der Kanzel zerrte und vor der Kirche mit dem Beil erschlug, weil der es gewagt hatte, in seiner Abwesenheit das neue Evangelium zu predigen.
Danach traten bis in die Neuzeit kaum noch Protestanten in der Gemeinde in Erscheinung.
1623-1669 Die Pest raffte in acht Schüben die Bevölkerung von Lückert und Umgebung dahin.
In einem Brief von 1637 hieß es: Die Pest „ist jetz vor dreien Dagen noch in drei hoeffe gekommen darinnen uf einen Dag 13 personen … inficirt; deren gestern und heute 5 begraffen, und ligt meine jungste Dochter Sibilla selbsten darahn, …“
Im Jahr 1666 starben z.B. allein in Geistingen, Amt Blankenberg, 111 Personen an der Pest (in „Normalzeiten“ etwa 15 Pers. im Jahr). Und im Jahr darauf war die Sterblichkeit in Bonn so groß, daß das dortige Minoritenkloster „bis auf den letzten Laienbruder ausstarb“.
1644 Siedlungsname „Luckerath“
1740 Wirtschaftliche Beschreibung des Amtsbezirk Blankenberg, wozu Lückert gehörte:
„Dieses ist das allergrösste und beste Amt im Bergsehen [Herzogtum Berg]… Der Ackerbau ist westseits Syborg [Siegburg] recht gut, von Syborg bis Blankenborg [Blankenberg] mittelmässig, von Blankenborg nach der Grafschaft Homborg meist Haberland, und fangen die Unterthanen allhier schon viel schlechter zu leben an als in vorbenannten Rheinämtern. In der Gegend von Blankenborg giebt es viele Weingartens, wovon einige recht gut sein. Die zu Boediugen [Bödingen] sind am besten und ist durchgeheneis der rote Wein mediocre [mittelmäßig], der weisse Wein nutzet aber in denen besten Jahren nichts und wird ordinär vor 4 ad 5 Rthlr. [Reichstaler, silberne Großmünze] verkaufet. Der Landesherr hat hier auch ein Gewächs, welches ungefähr 70-80 Ohm [altes Flüssigkeitsmaß, 1 Ohm ca. 140 Liter] jährlich einbringet.“

Aufstellung von 1708: Anzahl Familien, Tiere, Ländereien und Weingärten etc. der Ämter in Berg. Das Amt Blankenberg (zweite von oben), dem Lückert angehört, ist eines der wirtschaftlich stärksten Ämter.
1755 Poststation Warth (damals im Dreigiebelhaus im heutigen Hennef) wurde aufgehoben und nach Uckerath verlegt. Peter Halm, ca. 1690 in Lückert geboren, Ackersmann und Holzhändler, wurde erster Posthalter und baute „..das erste Haus auf der Westseite am Südausgang der Frankfurter Chaussee…“
1796 In unseren Gärten lagerten, kämpften und starben tausende Soldaten, als sich in der Schlacht bei Kircheib die französischen Revolutionstruppen (Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit) und das Heer des absolutistisch herrschenden Adels in Europa unter österreichischer Führung gegenüber standen.

Frz. Truppen (blau), österr. Truppen (rot)

Das Schlachtfeld ist auch in den historischen Karten (s.u.)  verzeichnet (heutiger Ortsausgang Eichholz, Richtung B8).

1803-1820 Kartierung des Rheinlandes durch Tranchot und Müffling

  • Links oben „Niederlückert“ mit dem Hof Hagen/Hemmen (Ecke Scheffenstraße/Buschweg)
  • Mitte rechts Lückert (Buschweg) mit Bebauung am Rand der Pfingstwiese
  • Unten Hof von Artur
1808 Freie Lückerter Bürger:
Napoleon übertrug 1806 seinem Schwager das Herzogtum Berg, der im Jahr 1808 mit dem napoleonischen Dekret der „Bauernbefreiung“ jegliche Form der Leibeigenschaft und alle mit ihr verbundenen Rechte und Pflichten aufhob.
1813 Ein auf etwa 500 Mann angewachsener Haufen Aufständischer zog vom Oberbergischen her durch Uckerath und Lückert. Er war nur zum Teil mit Pistolen, Flinten und Säbeln bewaffnet und hatte die Absicht, die französische Regierung in Mülheim aufzuheben. Doch bei Bensberg und Lindlar wurden die Leute rasch durch wenige Gendarmen und Ulanen zersprengt.
1815 Lückert unter preußischer Verwaltung:
Die ehemaligen Herzogtümer Cleve, Berg, Geldern, das Fürstentum Mörs, die Grafschaften Essen und Werden, das jetzige Generalgouvernement Berg werden auf Grund des Friedensvertrages von Wien preußisch.
1826 Karten der Flur Niederlückert und Lückert
Flur 10 Niederlückert Flur11 Lückert
1836-1850 Kartierung des Rheinlandes (Uraufnahme)

  • Links oben „Niederlückert“ mit dem Hof Hagen/Hemmen/Holz/Schoofs (Ecke Scheffenstraße/Buschweg)
  • Mitte rechts Lückert (Buschweg) mit Bebauung am Rand der Pfingstwiese
  • Unten Hof von Artur
1860 Darstellung von Lückert in einem Aquarell
Lückert um 1860
1871 Volkszählung:
29 Wohnhäuser
121 Einwohner
1874 Eröffnung der Schule in Eichholz (Volksschule bis 1968). Protest der Lückerter gegen eine neue Schule in Meisenbach
1880 Erwähnung von Lückert im Ortschaftsverzeichnis
1891/92 Bau der neue Kirche in Uckerath (1898 wird die alte neben dem Friedhof bis auf den Turm abgerissen).
1897 Volkszählung:
19 Wohnhäuser
82 Einwohner
Warum plötzlich nur noch so wenige? In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Straße und die Eisenbahn durchs Siegtal fertig. Dadurch verlor Uckerath und Umgebung an wirtschaftlicher Bedeutung, in deren Folge auch viele Lückerter nach Nordamerika auswanderten.
1905 Volkszählung:
17 Wohnhäuser
89 Einwohner
1914-1918 Die Lückerter im wehrfähigen Alter zogen in den Ersten Weltkrieg. Die Versorgungslage der Daheimgebliebenen war mit der Zeit katastrophal und nur durch Brot-, Butter- und Fettmarken aufrecht zu erhalten.
Im Verlauf des Krieges kamen ca. 10 Millionen Soldaten und 7 Millionen Zivilisten ums Leben. Die Zahl der Verwundeten lag etwa doppel so hoch. Kaum eine Lückerter Familie, die nicht den Verlust eines geliebten Menschen zu beklagen hatte.
1923 Die Große Inflation:
Die Lückerter zahlten für einen Liter Milch 5,5 Millionen, für das Briefporto 2 Millionen und für ein Brot mehr als 10 Millionen Mark. Der Dollar stand bei 121 Millionen, eine Woche später schon bei 242 Millionen Mark.
Das änderte sich erst mit Einführung der Rentenmark im Oktober 1923
1925 Nennung von Namen und Berufen der Bewohner von Lückert im Adressbuch des Siegkreises
1927 Das erste Foto von Pfingsten in Lückert
Pfingsten in Lückert 1927
1936-1945 Kartierung des Rheinlandes TK
1939-1945 Die Lückerter im wehrfähigen Alter zogen nun auch noch in den Zweiten Weltkrieg, dem bisher größten militärischen Konflikt der Weltgeschichte. Die Zahl der Kriegstoten lag zwischen 60 und 70 Millionen. Allein 6,2 Millionen Juden wurden ermordet.
Die Regierungen Großbritanniens, der USA, der UdSSR und Frankreichs übernahmen 1945 nach der Kapitulation die Regierungsgewalt und teilten Deutschland in Besatzungszonen. Lückert gehörte zur britischen Besatzungszone.
Die zum größten Teil zerstörten Städte und der Mangel an Lebensmitteln und Heizmaterial verursachten bei der Bevölkerung ein Leben in Armut. Weil viele Männer im Krieg gefallen oder in Kriegsgefangenschaft geraten waren, mussten „Trümmerfrauen“ den Schutt in den Städten beseitigen. Wohnraum war knapp, Lebensmittel waren nur über Lebensmittelmarken oder aus eigenem Anbau zu haben, weshalb Stadtbewohner massenhaft aufs Land fuhren, um Sachgüter gegen Lebensmittel einzutauschen. Die Lückerter beherbergten in der frühen Nachkriegszeit so manchen  Flüchling und ausgebombten Städter in ihren Häusern.
1946 Die Briten beschließen, dass Lückert zum neu gebildeten Land Nordrhein-Westfalen gehören soll.
1949 Mit der Verkündigung des Grundgesetzes wird die Gründung der Bundesrepublik Deutschland vollzogen (die us-amerikanische, die britische und die französische Besatzungszone). Lückert gehört damit zur Bundesrepublik Deutschland (BRD) und ist Teil des Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW).
1951 Ein mutmaßicher Mörder unter uns:
Erwähnung der Verurteilung eines Verbrechers aus Lückert, „…vierjährige Zuchthausstrafe… für Diebes und Einbruchsverbrechen mit einigen Raubüberfällen… Ein Großer Teil der…zur Last gelegten Verbrechen konnte nicht nachgewiesen werden. Der Süchterscheider Mord soll noch verhandelt werden.“
1955/56 Nennung von Namen und Berufen der Bewohner von Lückert im Adressbuch des Siegkreises
1959/60 Nennung von Namen und Berufen der Bewohner von Lückert im Adressbuch des Siegkreises
1968 Man hört das Getöse bis Lückert, als der Turm der alten Kirche in Uckerath am Friedhof einstürzt.
1989 Gründung des TV Senders „Dorffunk Lückert“, dem späteren LückerTV
2009 Interne Volkszählung:
36 Haushalte, 97 Einwohner
2011 Protest der Lückerter gegen den Mega-Kuhstall
2016 LueckertNews.de erblickt das Licht der Welt
2017 Interne Volkszählung:
39 Haushalte, 103 Einwohner (Stand 05.01.2017)
Lückert gewinnt den Kreiswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“
2018 Plittersdorf wird Partnerdorf.
Lückert gewinnt den Landeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“
2019 Lückert gewinnt sensationell den Bundeswettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“
2020 Die Lückerter werden durch den Bundespräsidenten im Schloss Belevue geehrt.
Kurz danach hält die Corona-Pandemie die Welt in Atem: Im Zuge des Lockdowns ist auch auf Lückerts Straßen im Frühjahr nicht viel los.

Historische Landkarten:

Die folgenden Karten zeigen jeweils den identischen Ausschnitt.

  • Lückert und Umgebung vor ca. 215 Jahren (als druckbares PDF):

  • Lückert und Umgebung vor ca. 180 Jahren (als druckbares PDF):

  • Lückert und Umgebung vor ca. 120 Jahren (als druckbares PDF):

  • Lückert und Umgebung vor ca. 80 Jahren (als druckbares PDF):

Historische Bilder:

(Klicken für Diashow)

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